Gedanken zu Allerheiligen
von Dekan Monsignore Richard Distler
Beim Fest Allerheiligen denken viele heute an Verwandtentreffen, Gräberschmuck und Friedhofsbesuch. Die Liturgie der Kirche jedoch rückt am Allerheiligenfest die Verdienste der vielen Heiligen und das Gedächtnis an die vielen Märtyrer der Kirche in den Mittelpunkt. Da jedoch am Allerseelentag kein eigener Feiertag ist, wird vielerorts das Totengedenken und die Gräbersegnung auf den Nachmittag des Allerheiligentages vorgezogen.
Das Hochfest Allerheiligen hat seine Wurzeln im Orient des 4. Jahrhunderts. Dort beging man nach den fast 300 Jahren der Verfolgungszeit zuerst nur das Gedächtnis aller heiligen Märtyrer. In Rom jedoch wurde dieser Gedenktag zunächst am 13. Mai begangen, als im Jahr 609 das vormals heidnische "Pantheon" christlich umgewidmet und durch Papst Bonifaz IV. dem Gedächtnis Mariens und aller heiligen Märtyrer geweiht wurde. Dazu ließ der Papst Reliquien aus den römischen Katakomben holen und ins Pantheon überführen, begleitet vom uralten Gesang der Liturgie: "Erhebet euch, ihr Heiligen Gottes, von eueren Wohnungen, heiligt die Orte und segnet das Volk!"

Im Jahr 732 ließ jedoch Papst Gregor III. in der Peterskirche eine Kapelle zu Ehren aller Heiligen bauen, auch jener Heiligen, die nicht Märtyrer waren. Damit holte der Papst nach Rom jene irischen und englischen Traditionen, die bereits im 8.Jahrhundert ein Allerheiligenfest für den 1.November bezeugen. Warum aber die Heiligen besonders ehren? Die Kirche denkt dabei an den bekannten Artikel im Glaubensbekenntnis: "Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen, an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben".
Für die Kirche hat Allerheiligen eine österliche Dimension, einen Auferstehungscharakter. Sie sieht in den Heiligen Menschen, die ihr Glück schon ganz in Gott und im ewigen Leben gefunden haben. Dieses Fest ist wie das große Erntedankfest. Da dankt die Kirche Gott für jene, deren Früchte dank der Verdienste Christi auf Erden wachsen und reifen konnten, sie dankt für die Heiligen. Doch auch jeder, der sich in diesen geistlichen Wachstumsprozess einbeziehen lässt, kann jetzt schon geheiligt werden. So schreibt bereits Papst Clemens von Rom um das Jahr 110 an die Christen in Korinth: "Geht zu den Heiligen, denn die, die mit ihnen gehen, werden selber geheiligt!".
Wenn es auch schon aus dem 2.Jahrhundert Zeugnisse für das Gedächtnis aller verstorbenen Seelen gibt, wo man im Gebet und in der Eucharistiefeier ihrer gedacht hat, so gilt doch das Jahr 998 als das Geburtsjahr für den Allersselentag.
Damals ordnete Abt Odilo von Cluny für alle seine Klöster das Gedächtnis an die Verstorbenen an. Dieses festliche Totengedenken breitete sich rasch in ganz Europa aus. Ab dem 15. Jahrhundert darf jeder Priester am 2.November sogar drei heilige Messen für die Verstorbenen feiern. Das II. Vatikanische Konzil hat jedoch wieder mehr den österlichen Sinn des Todes betont und die Verbundenheit der Verstorbenen mit dem Geheimnis der Auferstehung Christi hervorgehoben. Der Allerseelentag konfontiert aber auch die Lebenden mit dem Geheimnis des Todes und der Auferstehung. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass der Priester die Gräber mit Weihwasser segnet, die Gläubigen Lichter der Hoffnung entzünden und die Gräber mit Blumen geschmückt werden. Das bedeutet: So wie die Blumen erblühen, mögen die Verstorbenen neu erblühen in der Gemeinschaft der Heiligen und im ewigen Leben bei Gott.
29.10.10
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