Kampfabstimmung verhindert

Das Modell des "Neuen Marktes" ist noch immer im Rathaus zu besichtigen

39 Zuschauer - einige warteten schon eine Stunde vor Beginn -
hatten es in die Stadtratssitzung geschafft.
NEUMARKT. Mit einem Kompromiß endete die mit Spannung erwartete Abstimmung über die Verkehrslösung am Unteren Tor. Der Stadtrat sprach sich für den Tunnel aus, will aber auch die "Variante A" weiterentwickeln.
Bis nach 22 Uhr dauerte am Donnerstagabend die Stadtratssitzung, zu der man wieder so viele Zuschauer erwartete, daß die Plätze limitiert wurden. Exakt 39 Sitzplätze gab es zu vergeben - der 40. Interessent wurde schon nicht mehr eingelassen. Allerdings war der "Andrang" weit geringer als angenommen. Nur etwa zwei Dutzend Interessierte mußten weitergeschickt werden.
Nachdem kurz vor der Sitzung die CSU in einer Pressemitteilung erklärte, über eine Tunnellösung könne am Donnerstag gar nicht abgestimmt werden, wurde im Stadtrat eigentlich eine Kampfabstimmung erwartet, da die UPW offensichtlich weitgehend geschlossen hinter OB Thumann stand, der eindeutig die Tunnellösung favorisierte.
UPW-Sprecher Dr. Werner Mümmler zog sogar einen Ausdruck des wenige Stunden zuvor auf
neumarktonline veröffentlichten
Berichts aus der Tasche und hielt ihn Helmut Jawurek vor.
OB Thomas Thumann schlug schließlich den Kompromiß vor, nachdem sich abgezeichnet hatte, daß die CSU sehr wohl ebenfalls von der Tunnel-Lösung angetan sei, allerdings die hohen Kosten fürchte. SPD und Grüne waren auch klar für den Tunnel, FLitZ natürlich klar dagegen.
Thumann regte an, in einem gemeinsamen Beschluß der Tunnel-Lösung den Vorzug zu geben, aber gleichzeitig auch die "Variante A" - die simple, aber vergleichsweise preiswerte Ampel-Lösung - weiter zu verfolgen. Falls sich bei der weiteren Entwicklung zeigen sollte, daß der Tunnel doch nicht so optimal sei, könne man die "Alternative A" wieder neu beleben.
Nach einer zehnminütigen Unterbrechung gegen 21.30 Uhr fand dieser Vorschlag schließlich eine große Mehrheit und wurde mit 30:5 Stimmen angenommen.
Die Stadträte hatten sich schon in einer Klausurtagung ausführlich mit den verschiedenen Möglichkeiten auseinandergesetzt, die da hießen:
- Planfall A – zwei signalisierte Knotenpunkte: rund 10,6 Millionen Euro (optimiert rd. 11,3Millionen Euro)
- Planfall B – Kreisel am Unteren Tor: rund 10,9 Millionen Euro
- Planfall C – Tunnel unter Dammstraße: rund 34,4 Millionen Euro (optimiert rd. 33,6 Millionen Euro)
- Planfall D – "Senkgärten": rund 12,1 Millionen Euro
- Planfall E – Fußgängerbrücke: rund 2,0 Millionen Euro
- Planfall F – Verschwenk Dammstraße: rund 11,4 Millionen Euro
Verkehrsplaner Dr. Ing Ralf Huber-Erler ging auch am Donnerstagabend noch einmal ausführlich auf die verschiedenen Möglichkeiten ein. Wie Oberbürgermeister Thomas Thumann schon in der Einleitung sagte, gab es dabei kaum Zweifel, daß die teure Untertunnellung der Dammstraße dabei die beste Variante sei.
Bei ihr reduziere sich der oberirdische Verkehr an dieser Stelle so dramatisch, daß Fußgänger die Dammstraße auch ohne Ampelanlage überqueren könnten und so eine gute Verbindung zwischen "Neuem Markt" und Unterem Markt geschaffen wäre. Die Lösung hätte auch den Vorteil, daß kaum Verkehr ans Obere Tor verlagert werde und daß man für spätere Zeiten einmal "deutliche Leistungsfähigkeits-Reserven" habe.
Die vergleichende Bewertung der Planfälle aus verkehrsplanerischer Sicht erfolgte über eine Punkteverteilung aus insgesamt zwölf Bewertungskriterien, die etwa zur Hälfte den Zielbereichen nichtmotorisierten Individualverkehrs und ÖPNV und zur anderen Hälfte dem motorisierten Individualverkehr zugeordnet wurden.
Die Tunnel-Lösung siegte bei diesem Vergleich klar mit 86 von 100 möglichen Punkten.
Oberbürgermeister Thomas Thumann hatte schon vor der Abstimmung gesagt, daß man hier keine Entscheidung "für morgen", sondern für viele Jahrzehnte und die nächsten Generationen fällen wolle.
Grundsätzlich für "Neuen Markt"
Zuvor stand das Bauvorhaben "Neuer Markt" grundsätzlich in der Diskussion. Sprecher beinahe aller Parteien sprachen sich mehr oder weniger enthusiastisch dafür aus - nur bei FLitZ glaubte man die Stadt auf auf einem völlig falschen Weg.
Seit 15 Jahren beschäftigt sich der Stadtrat jetzt damit, was am Unteren Tor entstehen soll, sagte Oberbürgermeister Thomas Thumann. Jetzt könne man mit den neuesten Plänen der Firmen Bögl und "Multi Development" und deren Mix aus Hotel, Wohnen, Büros. Ärztehaus und Einkaufen voranschreiten.
FLitZ-Sprecher Hans-Jürgen Madeisky regte bei diesen Worten an, "Musik zum Träumen einzuspielen", und kritisierte nicht nur die geplante Größe des Vorhabens, sondern besonders auch die Höhe der geplanten Bauten. Weder bei Verkaufsfläche noch bei Hotelgröße bestehe in Neumarkt der angepeilte Bedarf.
Dem widersprachen andere Stadträte vehement. CSU-Bürgermeisterin Ruth Dorner lobte beispielsweise ausdrücklich das "überzeugende Konzept".
Bei der Höhe der Gebäude schloß sich allerdings SPD-Stadträtin Plankermann den Bedenken von FLitZ an. Sie stimmte schließlich auch als einzige mit den beiden FLitZ-Stadträte gegen die Weiterführung des Projekts, wie in der Abstimmungs-Empfehlung vorgeschlagen.
Weitere Stadträte äußerten die Hoffnung und die Zuversicht, daß mit dem "Neuen Markt" Einkaufsströme nach Neumarkt zurückgeholt werden, die in den letzten Jahren verloren gegangen sind.
FLitZ-Stadtrat Johannes Gloßner zweifelte die Begeisterung der künftigen Mieter in dem Komplex an: Es werde jetzt schon versucht, Mieter in der Neumarkter Innenstadt dafür abzuwerben - angeblich "sogar mit Frei-Mieten".
Mit Blick auf die im nächsten Tagesordnungspunkt anstehende Verkehrsregelung am Unteren Tor hieß es von FLitZ, man werde "genötigt", für die Verkehrserschließung "50 Millionen" auszugeben. Allerdings "werden wir uns zu wehren wissen".
28.10.10
neumarktonline: Kampfabstimmung verhindert