"Glaube ist der Weg"

von Dekan Richard Distler

Liebe Sr. u. Br. !

"Stufen - so lautet der Titel eines polnischen Kurzfilms. Ein Mann: jung, dynamisch und sportlich steht vor einem riesigen Berg von Stufen.

Die Stufen aber sind ineinander verkeilt und bilden ein ganzes Stufengewirr.

Der Mann macht sich auf den Weg und nimmt eine Stufe nach der andern.

Plötzlich merkt er, dass er sich verstiegen hat. Er eilt zurück und steigt von Neuem auf, dem höchsten Gipfel entgegen.

Doch langsam geht ihm die Puste aus, er merkt, dass er alt wird.

Dennoch aber rennt und hetzt er weiter. Als er ganz oben ist, bricht er zusammen. Sein Aussehen verändert sich und zum Schluß wird sein ganzer Körper selbst zur Stufe.

Das ist ein bewegender Film. Er stellt viele Fragen:

Wo will ich hin im Leben ? Was sind meine Ziele ?
Welche Hoffnung trägt und treibt mich?

Ist das die Summe unseres Lebens, möglichst schnell eine Stufe nach der andern zu nehmen nach Motto: Immer schneller, immer höher ?

Sind wir nur nützliche Sklaven, die sich abrackern, bis sich eines Tages andere sich auf unseren Lorbeeren ausruhen ?

Und was ist mit denen, die nie hochkommen und immer unten bleiben müssen ?

Liebe Sr. u. Br. ! Heute im Hintergrund des Ostertags steht zwar auch ein Stufenberg:
Es ist der Berg von Golgotha.
Jesus hat sich diesen Berg Stufe und Stufe hochgeschleppt.

Er ist gefallen und wieder aufgestanden.

Doch zum Schluß, am Gipfel, hat man ihn am Kreuz festgenagelt.

Aber genau an diesem Punkt beginnt etwas ganz Neues.

Jesus hat sich zwar freiwillig für uns zur Stufe gemacht und damit hat er die ganze Welt auf den Kopf gestellt.

Gott aber hat ihn zur Person gemacht, zum auferstandenen Gottessohn. Er hat ihm höchste Würde und Ansehen verliehen.

Aber was bedeutet diese österliche Großtat und Machttat Gottes für uns ?
Sie bedeutet: Dank des auferstandenen Christus ist keiner von uns kein Niemand.

Auch jeder von uns ist goldeswert, hat Würde und Ansehen, jeder ist Person, einmalig, wertvoll und kostbar.
Jeder ist zur Unsterblichkeit berufen.

All unser Einsatz, unser Leben und Streben, aller Schweiß und alles Abmühen, unser Arbeiten und Opfern, alles, was wir mit Liebe und Hingabe, mit Leib und Seele tun: auch alles Leiden:

Nichts davon ist sinnlos und umsonst. Alles hat ein Ziel, eine Hoffnung und eine Zukunft.

Wir sind nicht bloß Sklaven, Maschinen, Arbeitstiere oder irgendein Rädchen in der Maschinerie des Fortschritt:

Auch jene, die ganz unten sind, können ganz nach oben kommen.

Unser Dasein hat zwar ein Ende, aber es endet nicht im Zusammenbruch, sondern im Aufbruch und in der Auferstehung.

Liebe Schwestern und Brüder! Aber wer kann das verstehen ?

Wer versteht denn diese völlig unglaubliche, unfassbare und unbegreifliche Frage, die der Grabesengel im Osterevangelium an die erschrockenen Frauen stellt:

"Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferweckt worden!"

Doch wie können wir zu dieser Botschaft durchdringen ?

Der Weg zu diesem Durchbruch ist der Glaube, aber es ist kein Glaube an irgendein schönes Märchen, eine schöne Geschichte oder Legende:

Der Osterglaube beruht auf ganz starken Erfahrungen und Erlebnissen mit dem lebendigen Christus.

Er beruht auf ganz starken und vielen Zeugen, die glaubwürdig und übereinstimmend sagen: "Wir haben den Herrn gesehen, er ist nicht tot, er lebt!"

Gewiß: Wir müssen uns auf diese Zeugen verlassen, aber wenn wir das tun, dann bekommt unser Leben einen unbändigen Glanz und eine ganz große Strahlkraft.

Wenn wir wirklich zum Osterglauben durchbrechen, dann kann das ein richtiger Aubruch und eine ganz große Freude werden.

Dann jagen wir im Leben nicht bloß von einer Stufe zur andern, um uns am Ende frustiert zu fragen: War's das wirklich ?

Nein: Dann hat unser Leben ein ganz großartiges Ziel und eine Zukunft, die jetzt schon unser ganzes irdisches Leben verwandelt und verändert.

Amen.

(Aus der Osterpredigt von Dekan Richard Distler)
07.04.07
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