"Nicht nur Glatzköpfe"
NEUMARKT. Bürger aus dem Landkreis Neumarkt geben sich im Internet offen als Nazis zu erkennen, heißt es von der SPD.
Darunter seien auch Leute aus der Großgemeinde Seubersdorf, sagte SPD-Kreisvorsitzende Carolin Braun bei einer Mitgliederversammlung in Seubersdorf: "Da gibt es nichts zu deuteln und nichts zu leugnen". Die Nazis würden längst "auch unsere Kinder verführen". Es sei an der Zeit, gegen Rechtsradikalismus aktiv zu werden.
"Die Verführten werden immer jünger", so Gerd Lindl. Auf Volksfesten könne man sehen, wie "Nazis 14jährige Jugendliche unter Alkohol setzen". Jeder könne sich vorstellen, was ein Betrunkener in diesem Alter mit sich machen lasse. Das seien Alarmzeichen, die man nicht länger ignorieren dürfe.
Die meisten Leute würden sich unter der Neonazi-Szene nach wie vor Glatzköpfe mit Springerstiefeln vorstellen, die öffentlich verbotene Nazilieder grölten. Doch die Realität sei längst eine andere, wie auch die anwesenden Jugendlichen zu berichten wussten: Viele Anführer in der rechten Szene stammten aus bürgerlichen Familien, manche seien Kinder von Beamten. Einige würden mit ihren Vorstrafen prahlen. Es sei erschreckend, dass "all dies totgeschwiegen" werde, hieß es.
Ausdrückliches Lob fand Vorsitzender Josef Schlierf für die Seubersdorfer Schule: "Die Ausstellung über Rechtsradikalismus war vorbildlich. Wir wünschen uns mehr davon, auch in anderen Schulen."
Anlass zur Sorge seien auch Konzerte mit rechtsradikalen Bands, die "schon fast regelmäßig in unserem Landkreis stattfinden". Im Zusammenhang mit diesen Konzerten seien etliche Teilnehmer von der Polizei verhaftet worden, unter anderem wegen Waffenbesitz. Dem Verfassungsschutz seien diese Leute und Veranstaltungsorte bekannt, trotzdem gäben sich vor allem Kommunalpolitiker öffentlich ahnungslos, hieß es von der SPD.
Nicht zuletzt bereite es den Genossen große Sorge, dass die Rechten mittlerweile ziemlich gut organisiert seien und offenbar reichlich mit Geld versorgt würden.
Das einzig Erfreuliche in diesem Zusammenhang sei, dass die Nazis vielen Jugendlichen mit ihren "plumpen Annäherungsversuchen" auf die Nerven gingen Mehrere Anwesende berichteten, dass sich junge Menschen an sie wenden, weil sie mit "denen da" nichts zu tun haben wollen.
Einig waren sich alle, dass man bei den Aktivitäten gegen rechts nicht "das Kind mit dem Bad ausschütten" dürfe. Die Aktivitäten müssen sich gegen die "Verführer" richten. Die "Verführten" aber bräuchten dringend Hilfe.
15.11.06
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